Diskriminierung: Meldestelle: Mehr Hass und Hetze gegen Sinti und Roma

In Hessen leben Schätzungen zufolge rund 80.00 bis 10.000 Sinti und Roma. Ihre Diskriminierung hat laut einer Meldestelle alarmierend zugenommen. In welchen Bereichen besonders stark?

Die Zahl der registrierten Diskriminierungen von Sinti und Roma in Hessen ist laut der Informations- und Meldestelle Antiziganismus (MIA) eklatant gestiegen. Sie habe sich von 113 Vorfällen 2023 auf 159 im Jahr 2024 erhöht, also um rund 40 Prozent, teilte MIA in Wiesbaden bei der Vorstellung ihres zweiten, 68-seitigen Jahresberichts mit.

„Am häufigsten, mit 57 Prozent, wurden Menschen antiziganistisch beleidigt beziehungsweise verbal stereotypisiert“, hieß es. Vor allem im Lebensbereich Wohnen und an Schulen sei es zu gemeldeten Diskriminierungen gekommen.

Meldestelle: Viele Fälle an Schulen

Lehrerinnen und Lehrer seien „besonders oft involviert“. Entweder mit eigenen Aussagen oder nicht angemessenem Einschreiten bei Vorfällen unter Schülerinnen und Schülern. „Das heißt, an vielen hessischen Schulen, explizit an denen, von denen wir Meldungen erhalten haben, werden antiziganistische Vorfälle zumindest geduldet, ihr antiziganistischer Gehalt geleugnet oder nicht als solcher erkannt“, erläuterte MIA.

Antiziganismus ist eine spezifische Form des Rassismus, die sich gegen Sinti und Roma oder gegen Menschen richtet, die als solche wahrgenommen werden.

„Alarmierende Entwicklung“

MIA-Projektleiter Joachim Brenner erklärte zum Anstieg gemeldeter Fallzahlen in Hessen: „Konkret heißt das, dass Beleidigungen, Bedrohungen, Benachteiligungen, Ausgrenzungen gegenüber Roma und Sinti am Arbeitsplatz, in der Öffentlichkeit, in der Schule, im Alltag nicht nur weiterhin bestehen, sondern zugenommen haben.“ Dieser „alarmierenden Entwicklung“ müsse entschieden entgegengetreten werden. Ohnehin gibt es MIA zufolge bei der Zahl dieser Fälle ein großes Dunkelfeld.

Laut Rinaldo Strauß, ebenfalls MIA-Projektleiter, bedeutet echte Demokratie auch Minderheitenschutz. „Wir fordern, dass die Verfolgungsgeschichte von Sinti und Roma und die Strukturen des gegenwärtigen Antiziganismus an Schulen und Universitäten ein verpflichtender Bestandteil der Lehrpläne wird“, betonte Strauß. Betroffene Mädchen und Jungen müssten vor Antiziganismus an Schulen geschützt werden.

Völkermord in NS-Zeit

In Hessen leben laut der Meldestelle groben Schätzungen zufolge 8.000 bis 10.000 Sinti und Roma. Eine Statistik gebe es nicht aufgrund der Erfahrungen mit der Erfassung in der NS-Zeit. Damals wurden bis zu einer halben Million Sinti und Roma systematisch verfolgt und ermordet.

Die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus Hessen gehört zu einem gleichnamigen bundesweiten Projekt. Die Bundesgeschäftsstelle von MIA in Berlin hat ihre Arbeit im Frühjahr 2022 begonnen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Völkermord an Sinti und Roma jahrzehntelang geleugnet und nicht aufgearbeitet worden. Heute sind sie eine anerkannte nationale Minderheit in Deutschland.

Vielleicht gefällt Ihnen auch