Kriminalität: Millionenschäden durch falsche Liebesversprechen im Netz

5,6 Millionen Euro Schaden in Berlin, und viele Opfer schweigen: Warum Scham und Sehnsucht Love Scamming so gefährlich machen – und wie Täter mit gefälschten Identitäten Vertrauen erschleichen.

Diese Verbrecher sind besonders perfide: mit vorgetäuschter Liebe führen sie Frauen oder Männer hinters Licht und betrügen sie um hohe Geldsummen. Wird den Opfern irgendwann klar, dass die Liebe nur vorgespielt war, trifft es sie doppelt hart: finanziell und emotional.

Das sogenannte Love Scamming ist inzwischen verbreitet und kein Randphänomen mehr, betont die Berliner Polizei. Jedes Jahr gebe es Millionenschäden. Allein im vergangenen Jahr wurden beim Landeskriminalamt (LKA) 433 Fälle mit einem Gesamtschaden von 5,6 Millionen Euro angezeigt. Die Dunkelziffer ist dabei viel höher. Viele Opfer gehen nicht zur Polizei, weil sie sich zu sehr schämen.

Autorin Sarah Kuttner schreibt über Love Scammer

In ihrem neuen Roman „Mama & Sam“ beschreibt die Autorin und Moderatorin Sarah Kuttner die zum Teil selbst erlebte Geschichte einer Tochter, die in der Wohnung ihrer plötzlich verstorbenen Mutter steht. Die gesamten Ersparnisse sind fort. Die Mutter suchte die Liebe und traf auf einen Love Scammer. Sie ließ nichts zurück außer einem langen Chat mit dem Betrüger.

„Da ist eine Frau, ein Teil von ihr weiß, dass hier was nicht stimmt. Sie entscheidet sich trotzdem für diese Fake-Liebe“, sagte Kuttner der Tageszeitung „Taz“. „Ein Heroinsüchtiger weiß auch, dass Heroin tödlich ist, und nimmt es. Love Scamming ist im Grunde nichts anderes. Dahinter steckt das Bedürfnis nach Selbstmedikation: Ihr fehlt Liebe und Nähe, Zweisamkeit. Also holt sie sich die – ob das gesund ist oder nicht.“

Scham ist eines der „stärksten menschlichen Gefühle“

Kuttner betont, diese emotionalen Verbrechen passierten auch deswegen, weil Angehörige falsch reagierten. „Scham ist eines der stärksten menschlichen Gefühle. Wir, die sagen: wie blöd kann man sein, sind zumindest teilschuld daran, dass Opfer sich nicht trauen, sich mitzuteilen.“

Deswegen bittet die Polizei auch grundsätzlich und besonders Bekannte von Betroffenen: „Bitte verzichten Sie darauf, über Geschädigte solcher Betrugsmaschen zu urteilen und bleiben Sie aufmerksam, wenn Freunde oder Bekannte ähnliche Erfahrungen schildern.“

Fotos, Lebensläufe und einfühlsame Nachrichten

Das Vorgehen der sogenannten Romance Scammer oder Love Scammer ähnelt sich laut den Hinweisen der bundesweiten Kriminalprävention der Polizei: Mit gefälschten Profilen und falschen Identitäten versuchen sie, Liebesbeziehungen aufzubauen. Sie geben sich in Internetportalen oder in Messengern als attraktive Singles aus, nutzen dabei Fotos aus dem Internet, verteilen ansprechende Lebensläufe und schreiben einfühlsame Nachrichten.

Nach und nach entstehen emotionale Bindungen und Vertrauen zwischen Täter und Opfer. Dann beginnen die Betrüger, zum Beispiel mit einer Geschichte über eine akute, unverschuldete Notlage, um Geld zu bitten. Vielen Opfern fällt es in so einer Situation schwer, Nein zu sagen.

Bei Internet-Kontaktaufnahme grundsätzlich misstrauisch sein

Die Polizei rät ganz konkret: Bei jeder Kontaktaufnahme von Unbekannten über das Internet oder über Messenger-Dienste sollte man „grundsätzlich misstrauisch“ sein. „Achten Sie auf Ungereimtheiten und Widersprüche und lassen Sie sich nicht von fadenscheinigen Ausreden und Erklärungen blenden.“ Fotos und andere Angaben eines potenziellen Partners lassen sich über das Internet überprüfen.

Opfer solcher Taten sollten unbedingt zur Polizei gehen. Mails, Chatverläufe und Fotos sollten als Beweise gespeichert werden. Zur besseren Anschaulichkeit veröffentlichte die Berliner Polizei in ihren Whatsapp-Kanal das erste Kapitel einer True-Crime-Geschichte. Eine Frau verliebt sich über eine Datingapp in ihren Traummann, einen angeblichen Piloten – der sie nach einiger Zeit plötzlich um etwas Geld bittet. Zu spät erkennt sie die Wahrheit.

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