Dutzende hessische Trinkwasserbrunnen überschreiten den Nitrat-Grenzwert. Die Grünen kritisieren fehlende Maßnahmen und warnen vor steigenden Wassergebühren.
Hessens Landesregierung unternimmt laut Vorwürfen der Grünen-Landtagsopposition zu wenig gegen Nitrat in Trinkwasserbrunnen. Wolle man dem Stoff entgegenwirken, müssten Nitrateinträge der Landwirtschaft reduziert werden, forderte die umweltschutzpolitische Sprecherin Martina Feldmayer. Hessens Umwelt- und Landwirtschaftsminister Ingmar Jung (CDU) sei dazu offenbar nicht bereit.
In der Landwirtschaft wird Nitrat als Mineraldünger oder in Form von Gülle für mehr Pflanzenwachstum verwendet. In vielen Regionen Deutschlands ist das Grundwasser durch den Eintrag von Dünger aus der Landwirtschaft zu stark belastet. Der Grenzwert liegt bei 50 Milligramm Nitrat je Liter im Trinkwasser. Nitrate an sich sind für den Menschen relativ unbedenklich, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung erläutert. Durch Bakterien aber können sie schon in Lebensmitteln oder bei der Verdauung in gesundheitsschädliches Nitrit umgewandelt werden.
Grüne kritisieren Aus für Vorgaben in der Landwirtschaft
Die Grünen-Abgeordnete Feldmayer kritisierte, Minister Jung habe sich auf Bundesebene dafür eingesetzt, ein wichtiges Instrument zur Nitratreduktion zu kippen, die Stoffstrombilanzverordnung. Diese Vorgabe war 2018 eingeführt worden. Landwirtinnen und Landwirte mussten nachweisen, in welchem Umfang Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor in einen Betrieb hineingehen und ihn wieder verlassen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hatte die Regelung im Juli 2025 aufgehoben.
Die Stoffstrombilanzverordnung habe sich nicht mehr als zweckdienlich erwiesen, erklärte das hessische Landwirtschaftsministerium auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Landtagsfraktion. Die Außerkraftsetzung der Verordnung trage zur Klarheit und Vereinfachung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Düngerecht bei.
Reinigung des Grundwassers verursacht hohe Kosten
Dutzende hessische Trinkwasserbrunnen haben in den zurückliegenden Jahren den Nitrat-Grenzwert überschritten, wie aus der Antwort des Ministeriums hervorgeht. „Die Reinigung unseres Grundwassers von Nitrat verursacht enorme Kosten, die wir alle über steigende Wassergebühren zahlen“, erklärte Feldmayer. Von den Trinkwasserbrunnen in mehr als 100 hessischen Wasserschutzgebieten hätten 61 in den Jahren 2022 bis 2024 mindestens einmal den Schwellenwert überschritten.
Das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie erklärte auf Anfrage: „Die Nitratwerte im Grundwasser müssen gesenkt werden, damit die hessischen Trinkwassergewinnungsanlagen nicht zu sehr belastet werden. Trinkwasser entsteht durch aufwendige Aufbereitung aus Rohwasser. Ist dieses zu sehr mit Nitrat belastet, verursacht das höhere Kosten bei der Aufbereitung, die letzten Endes auf die Endverbrauchenden umgelegt werden.“