Bundestagspräsidentin Julia Klöckner mahnt zur Zurückhaltung im Plenum und verschärft die Regeln: nicht Telefonieren, keine Selfies und keine Sticker auf Laptops und Tablets.
Das strenge Regiment der Julia Klöckner im Deutschen Bundestag wird noch strenger: In einem Brief vom 9. September, über den unter anderem das ZDF und „Table.Media“ berichten, fordert die Bundestagspräsidentin die Abgeordneten auf, elektronische Geräte „zurückhaltend und angemessen“ zu nutzen.
Klöckner betont in dem Schreiben, dass elektronische Geräte – auch im Plenarsaal – Teil des modernen, digitalen Parlamentsalltags sind und grundsätzlich genutzt werden dürfen. Aber: „Es muss sichergestellt bleiben, dass die Aufmerksamkeit im Plenum den Rednerinnen und Rednern gewidmet ist.“ Vor allem in den vorderen Reihen sei „deutliche Zurückhaltung“ angezeigt, um nicht den Eindruck von Desinteresse zu erzeugen. Das gelte auch für Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung.
Julia Klöckner: Keine Sticker und Aufkleber auf Laptops – Lob von Linken
„Ausdrücklich untersagt ist die Verwendung von Geräten mit angebrachten Aufklebern, Stickern oder sonstigen Botschaften“, mahnt die 52-jährige CDU-Politikerin. Handys und Smartphones dürfen im Plenarsaal nicht zum Telefonieren genutzt werden; dafür gibt es Tischtelefone. Klöckner erinnert zudem daran, dass Foto- und Videoaufnahmen während der Sitzungen untersagt sind.
„Der Plenarsaal ist der Ort der Debatte. Zugleich wollen wir ein zeitgemäßes parlamentarisches Arbeiten ermöglichen. Beidem dient das dargelegte Vorgehen“, kommentiert Klöckner abschließend.
Kritik am neuen Schreiben der Bundestagspräsidentin gibt es bislang nicht. „Die Regeln zur Handy- und Laptopnutzung gelten bereits seit Längerem“, sagte etwa Ina Latendorf, Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, dem Magazin „Spiegel“. Der Brief fasse die Regeln zusammen und schaffe Klarheit. Vorfälle mit Aufklebern habe es bei der Linksfraktion nicht gegeben, wohl aber bei der AfD, laut Aussage von Latendorf.
Julia Klöckner wegen Amtsführung in der Kritik
Seit Amtsantritt hat Klöckner strenge Regeln durchgesetzt, die auch Unmut bei Abgeordneten hervorriefen. Im Juni wurde etwa eine Linken-Abgeordnete aus dem Parlament geworfen, weil sie ein T-Shirt mit der Aufschrift „Palestine“ trug. Ein anderer Linken-Parlamentarier musste wegen seiner Baskenmütze das Plenum verlassen. Auch die Entscheidung, zum Christopher Street Day die Regenbogenflagge nicht am Reichstagsgebäude zu hissen, stieß auf breite Kritik.
Mehrere Politiker kritisieren Klöckners Führungsstil und werfen ihr Parteilichkeit vor. Ricarda Lang, ehemalige Grünen-Vorsitzende, sagte im stern-Podcast „Die Boss – Macht ist weiblich“: „Julia Klöckner ist insoweit für mich eine Polarisierungsunternehmerin, als dass sie sich ja gar nicht um die realen Probleme vieler Menschen kümmert, sondern, ganz im Gegenteil, vor allem Empörungsdebatten und Symboldebatten daneben stellt.“ „Und diese Symboldebatten spalten uns nicht nur innerhalb des demokratischen Spektrums, sondern durchaus auch als Gesellschaft.“
Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (ebenfalls Grüne) sagte zu seinem Abschied aus dem Bundestag, Klöckner habe „immer nur polarisiert, polemisiert und gespalten“.
Die Bundestagspräsidentin selbst hat den Vorwurf einer parteilichen Amtsführung zurückgewiesen und ruft zu respektvolleren Debatten auf.