morgen|stern: Was hilft gegen die Catcalling-Normalität? Die Lage am Morgen

Männer mit unangebrachtem Verhalten sind viel zu häufig, Popstar Sabrina Carpenter zeigt gutes Timing und Ursula von der Leyen hat sich möglicherweise verplappert. Das ist heute wichtig. 

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

es gibt Männer, die Frauen auf dem Gehsteig nur ganz langsam Platz machen und ihnen dann hinterherpfeifen. Männer, die im vorbeifahrenden Auto das Fenster herunterlassen und anzügliche Sprüche brüllen. Männer, die jungen Frauen an den Ausgängen von U-Bahn-Stationen hinterherlaufen und vermeintliche „Komplimente“ hinterherrufen – oder gleich Aufforderungen zum Sex. Das sind keine einzelnen Unanständigen: Viele Frauen machen die Erfahrung, im öffentlichen Raum immer wieder gecatcalled zu werden – ein eigentlich verharmlosender Begriff für sexistische Anpöbeleien auf der Straße. 

Muss man sich das gefallen lassen? Streng genommen muss man das, ja. Verbale sexuelle Belästigung ist aktuell in Deutschland erlaubt. „In unserem Strafgesetzbuch haben wir zwar einen Tatbestand ‚Sexuelle Belästigung'“, erklärte die Strafverteidigerin Carolin Weyand in einem „Brigitte“-Interview“, „er greift aber nur, wenn die sexuelle Belästigung eine körperliche Berührung umfasst.“ Auch als Beleidigung würden das „Catcalling“ rechtlich nicht gewertet.

Catcalling ist oft Alltag – was würde helfen?

Sonja Eichwede, Vizefraktionsvorsitzende der SPD, hat nun einen neuen Straftatbestand gegen verbale sexuelle Belästigung gefordert. „Solch ein Verhalten können wir nicht tolerieren“, sagte sie dem stern. „Es schüchtert die Opfer, in aller Regel Frauen oder Mädchen, massiv ein.“ Die Union hingegen war klar in ihrer Ablehnung. Von „Symbolgesetzgebung“ sprach die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion Susanne Hierl. Wichtiger sei ein gesellschaftliches Bewusstsein dafür, „dass solche verbalen Belästigungen schlicht inakzeptabel sind und die soziale Missbilligung solcher Verhaltensweisen.“ 

Sonja Eichwede, stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende: „Wir sehen doch, dass es eine Lücke im Strafrecht gibt“
© Kay Nietfeld

Ich interessiere mich wirklich dafür, wie man das in der Praxis erreichen könnte. Teils habe ich in solchen Situationen schon etwas entgegnet, manchmal hat es mir ein besseres Gefühl gegeben, manchmal macht es den Anschein, als hätten die Männer nur genau auf eine solche Reaktion gehofft. Käme ein solches Bewusstsein also nicht genau dadurch zustande, dass unser Rechtssystem sagt, dass dieses Verhalten nicht in Ordnung ist? Dass es zumindest die Möglichkeit gibt, es auch zu sanktionieren? Wie sehen Sie das? Schreiben Sie mir gern an [email protected]

„Präzise Pläne“ für Friedenstruppen: Hat sich von der Leyen verplappert?

„Total falsch“ sei es, über ein solches Thema öffentlich zu spekulieren, schimpft Boris Pistorius, der Verteidigungsminister – und er ist mit seinem Ärger nicht allein. Bis ins Kanzleramt hinein ist man irritiert über Ursula von der Leyen. Die EU-Kommissionspräsidentin hat mit ihrer Ankündigung, Europa entwickele derzeit „präzise Pläne“ für eine multinationale Truppe, die bei Bedarf in die Ukraine entsandt werden könne, eine Debatte losgetreten. Ist sie damit zu weit gegangen? Oder hat sie nur ausgesprochen, was sich andere nicht trauen, offen zu sagen? Nach nur fünf Minuten wissen Sie mehr:

„Liebe und Trennungen“: Sabrina Carpenter hat gutes Timing

Wenn Sie viel Radio hören, kamen Sie im letzten Jahr nicht an „Espresso“ vorbei – in Deutschland hatte es der Song der US-amerikanischen Sängerin Sabrina Carpenter zwischenzeitlich auf Platz vier der Charts geschafft. Ihr Album „Short n’ Sweet“ gewann zwei Grammys und wurde mehr als 8,2 Milliarden Mal auf Spotify gestreamt.  

Der Durchbruch des ehemaligen „Disney“-Sternchens wurde auch dadurch befeuert, dass sie als Vorband bei Taylor Swifts „Eras Tour“ auftrat. Nun könnte sie die sogar ablösen, schließlich verarbeitete Swift lange Zeit unter anderem Ex-Partner in ihren Songs – und muss sich jetzt wohl andere Themen suchen. Denn zumindest erstmal sind da rosigere Zeiten in der Liebe angesagt, eben haben sich Swift und ihr Partner, der American-Football-Spieler Travis Kelce, verlobt. „Es scheint, als könne Carpenter die Pop-Sparte ‚Liebe und Trennungen‘ von ihr übernehmen“, schreibt Neele Fromm. Gutes Timing jedenfalls hat Carpenter schon einmal: Nur wenige Tage nach Swifts Verlobung ist ihr neues Album erschienen.

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Wer krank wird, will möglichst schnell und in der Nähe ärztliche Hilfe – ohne lange Wege oder endlose Wartezeiten. Ein Hausarzt im selben Wohnviertel oder eine Kinderärztin in der Nähe von Schule oder Kita wünschen sich viele. Die Realität sieht aber oft anders aus: Gerade in ländlichen Regionen oder in strukturschwachen Stadtvierteln fehlen viele Haus- und Kinderärzte. Wie gut ist die Versorgung bei Ihnen vor Ort? Hier können Sie es herausfinden: 

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Ich wünsche Ihnen einen guten Tag!

Herzlich, 

Lisa Becke

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