Agrar: Bauer Nils und seine Gänse: Ein Hof in Vogelgrippe-Zeiten

Nach dem jüngsten Ausbruch der Vogelgrippe bangen Hessens Landwirte um ihre Tiere – auch mit Blick auf das anstehende Geschäft zum Martinstag und zur Weihnachtszeit. Ein Besuch auf einem Geflügelhof.

Der Blick von Landwirt Nils Mann wandert regelmäßig besorgt gen Himmel. „Die Reinheimer Teiche sind ganz nah und es fliegen jeden Abend Wildgänse über unseren Hof“, erzählt der 23-Jährige. Ein Häufchen Kot könnte ausreichen, um seine Herde aus mehreren Hundert Hausgänsen in ihrem Auslauf mit Vogelgrippe zu infizieren. 

Eine Horrorvorstellung für den Landwirt, der den Betrieb in der fünften Generation als Juniorchef führt. Seit die Tiere im Frühjahr als Küken auf den Hof kamen, seien sie umsorgt und gepflegt worden, sagt er. Nun stehe die Schlachtung und der Verkauf als Martins- und Weihnachtsgans kurz bevor.

Stallpflicht wegen Vogelgrippe in vielen Kreisen

Nach dem massiven Ausbruch der Vogelgrippe in Deutschland waren vergangene Woche erste Fälle in Hessen nachgewiesen worden. Im Kreis Groß-Gerau hatte sich der Verdacht bei zwei Höckerschwänen und einem Silberreiher bestätigt. Der Kreis ordnete eine Aufstallpflicht und verschiedene weitere Einschränkungen für Geflügelhalter an. 

Der Hof der Familie Mann liegt im Kreis Darmstadt-Dieburg – einem Nachbarkreis von Groß-Gerau. Die hessische Geflügelwirtschaft stellt sich auf eine weitere Ausbreitung der Tierseuche ein. Man rechne kurzfristig mit weiteren Nachweisen, hatte der Geflügelwirtschaftsverband Hessen diese Woche mitgeteilt. 

„Bei Vogelgrippe sagen zu müssen, wir können die Gänse nicht mehr verkaufen, müssen alles platt machen“ – der Gedanke bereite ihm Kummer, sagt Landwirt Nils. Er versuche auch, diese Sorgen beiseitezuschieben. „Ich bin ein hoffnungsloser Optimist“, ergänzt er und lächelt. „Wenn man jeden Tag mit schlechter Laune aufsteht, dann hilft das auch nichts.“ 

Aber der 23-Jährige gibt zu, dass es ihm regelmäßig „Gänsehaut“ bereitet, wenn Kunden seines Hofladens nach der Vogelgrippe fragen und das Thema dadurch präsent wird. Sein 30 Jahre alter Schwager Lucas Mann ergänzt, auch er habe ein „bammeliges Gefühl“. Lucas kümmert sich mit um die Schottischen Hochlandrinder des Hofs – die zum Glück im Moment von einer Tierseuchengefahr verschont seien.

Normalerweise wären die Gänse tagsüber draußen auf der Weide und könnten das saftige Gras fressen. Jedoch habe er die Tiere aus Sicherheitsgründen rund um die Uhr in die kleineren Ausläufe gesperrt, das eigentliche Nachtquartier, berichtet Nils Mann. Sollte die Stallpflicht kommen, dann könne er zwar einen Großteil der Herde drinnen unterbringen, jedoch nicht alle. Seine Legehennen sind bereits im Stall – eine Vorsichtsmaßnahme. Daneben hält der Landwirt unter anderem Perlhühner, Puten, Enten und Nandus. 

Kein Hoffest wegen Afrikanischer Schweinepest

Die Vogelgrippe sei nicht die einzige Tierseuche, die den Hof umtreibt, berichtet Nils, und klopft seinem Zuchteber Alfred auf die Flanke. Das Husumer Sattelschwein hält in seinem Koben ein Nickerchen, gemeinsam mit den Sauen Stacy, Hanni und Nanni. Wegen der Schweinepest-Gefahr sei schon zweimal das jährliche Hoffest ausgefallen, so der Landwirt. Der Schutz vor der Seuche bedeute einen enormen Zusatzaufwand. Unter anderem habe er den Hof doppelt umzäunen müssen. Von jedem Schwein muss vor der Schlachtung eine Blutprobe genommen werden – „zwei Schweine, fünf Formulare“, fasst Nils zusammen.

Sein ältestes Schwein ist eine achtjährige Wollschwein-Sau, die derzeit sechs Ferkel im Alter von drei Wochen bei sich hat. Wegen der Einschränkungen durch die Schweinepest sei der Bestand deutlich geschrumpft, berichtet Nils Mann. Eine Weile hätten die Sauen nicht gedeckt werden dürfen. Mittelfristig will er jedoch wieder rund 100 Schweine halten.

Das anstehende Weihnachtsgeschäft mit den Gänsen mache einen wichtigen Teil seines jährlichen Umsatzes aus, berichtet der Landwirt. Sollte der schlimmste Fall eintreten und die Vogelgrippe ausbrechen – dann gehe man zwar nicht bankrott, schätzt er. „Aber das bedeutet harte Zeiten.“

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