Natur- und Klimaschutz: Forscher helfen Moor mit frischem Torfmoos auf die Sprünge

Wie Torfmoose im wiedervernässten Teil des Königsmoors zum Klimaschutz beitragen könnten. Und warum Forscher jetzt der Natur noch ein wenig nachhelfen.

Intakte Moore sind aktive Klimaschützer, die Kohlendioxid (CO2) speichern. Daher sollen in Schleswig-Holstein mit menschlicher Hilfe wieder mehr Moore in einen ursprünglichen Zustand zurückfinden. Eine Verpflanzung von Torfmoosen kann helfen, die Regeneration von frisch wiedervernässten Mooren in Schleswig-Holstein zu beschleunigen. Von einem Versuch im Christiansholmer Königsmoor (Kreis Rendsburg-Eckernförde) erhoffen sich Wissenschaftler und die Stiftung Naturschutz Erkenntnisse über den Effekt für den Klimaschutz. Gelinge die Übertragung der Torfmoose, könnten wiedervernässte Moore viel schneller zu wachsen beginnen, teilte die Stiftung mit.

Intakte Moore speichern CO2

Hintergrund ist die Rolle von Mooren im Klimawandel. Trockengelegte Moore tragen wegen der natürlichen Zersetzung des Torfs an der Luft mit ihren CO2-Emissionen zum Klimawandel bei. Nasse und intakte Moore speichern dagegen CO2 über die Neubildung von Torf aus Torfmoosen. Werden Moore wiedervernässt, dauert es eine Zeit, bis sich auf natürlichem Weg Torfmoose ausbreiten und der Prozess des Moorwachstums beginnt. Diese Zeitspanne wollen die Forscher mit dem Verpflanzen von Torfmoosen aus intakten Mooren verkürzen.

Am Mittwoch hatte das Team um Projektleiter Vytas Huth von der Universität Greifswald die in den vergangenen Jahren bereits wiedervernässte Moorflächen im Königsmoor begutachtet, um Entwicklungsstadien zu vergleichen und geeignete Techniken für die Übertragung festzulegen. Am Donnerstag holten die Helfer die Torfmoose aus einem schon renaturierten Teil des Königsmoors und brachten sie in einen erst kürzlich wiedervernässten Teil, um sie dort einzupflanzen.

Vorbild für andere Hochmoore schaffen

„Wenn wir verstehen, wie sich Torfmoose hier am besten wieder ansiedeln lassen, schaffen wir ein Vorbild für viele weitere Hochmoore“, sagt Huth. „Aus unserem Zusammenspiel von Forschung und Praxis können wir Renaturierungen möglicherweise deutlich beschleunigen – und damit den Klimaschutz direkt aus der Natur heraus stärken“, so der Projektleiter.

In Schleswig-Holstein gibt es nach Angaben der Stiftung Naturschutz rund 15 verschiedene Torfmoos-Arten. Weltweit seien es bis zu 300 Arten. Die Pflanzen haben keine Wurzeln. Sie wachsen einfach nach oben, und dabei sterben die unteren Schichten ab. Im nassen Moorboden werden die Pflanzenreste nicht zersetzt, sondern sie bilden Torfschichten. Ein intaktes Moor kann etwa einen Millimeter pro Jahr wachsen und so in 1.000 Jahren eine dicke von einem Meter erreichen.

Torfmoose haben auch Bedeutung für die Biodiversität. Sie bilden eine dichte Schicht, auf der andere moortypische Pflanzen wie Sonnentau, das Weiße Schnabelried oder Moosbeere wachsen können. 

Die Übertragung der Torfmoos-Pflanzen im Königsmoor ist den Angaben zufolge Teil des Aktionsprogramm „Natürlicher Klimaschutz“ des Bundesamtes für Naturschutz. Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein bringt als Praxispartner Moorflächen und das Wissen ihrer Experten ein.

Test unter realistischen Bedingungen

„Wir vernässen jedes Jahr viele Hektar Moore in Schleswig-Holstein und warten immer gespannt darauf, wann die ersten Torfmoose zurückkommen“, sagte Gerrit Werhahn von der Stiftung Naturschutz. „Den Mooren dabei etwas auf die Sprünge zu helfen, wird schon länger diskutiert. Jetzt probieren wir unter realistischen Bedingungen aus, ob die aktive Ansiedlung der Torfmoose funktioniert.“ Im Königsmoor wurden seit 2012 rund 400 Hektar wiedervernässt.

Torfmoose sind besonders geschützte Pflanzenarten, ihre Lebensräume sind gesetzlich geschützte Biotope. Daher gelten für ihre Entnahme aus der Natur strenge Regeln. Das Landesamt für Umwelt und die Untere Naturschutzbehörde habe für diesen Versuch die Genehmigung erteilt, da die Torfmoose innerhalb eines Lebensraums versetzt werden. Aus den Beständen werden nur kleine Mengen entnommen.

Nach früheren Angaben des Umweltministeriums gibt es rund 130.000 Hektar Moorfläche in Schleswig-Holstein – mehr als acht Prozent der Landesfläche. Der größte Teil wird landwirtschaftlich genutzt.

In Schleswig-Holstein stammen nach Angaben der Stiftung Naturschutz rund 2,8 Millionen Tonnen CO2 jährlich aus trockengelegten Mooren. Das ist etwa so viel, wie alle Personenwagen im Land verursachen. In ganz Deutschland kommen demnach sieben Prozent der CO2-Emissionen aus entwässerten Mooren.

Größter Teil der Moore in Norddeutschland

Nach Angaben der Universität Greifswald finden sich 78 Prozent der deutschen Moore in der Norddeutschen Tiefebene und 20 Prozent im Voralpenland. Die Gesamtfläche der Moorböden in Deutschland wird auf fast 14.200 Quadratkilometer geschätzt. Etwa 65 Prozent werden landwirtschaftlich genutzt.

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