Umfrage an der Küste: Emotionale Bindung der Menschen zur Ostsee ist groß

Was verbinden die Küstenbewohner mit der Ostsee? Welche Wünsche haben sie, was ist ihnen wichtig? Das wollte das Thünen-Institut für Ostseefischerei ergründen. Jetzt liegen erste Ergebnisse vor.

Die Ostsee hat für die an der Küste lebenden Menschen eine sehr hohe emotionale Bedeutung. Das erklärt das Thünen-Institut für Ostseefischerei in Rostock. Dies sei das erste Ergebnis einer breit angelegten Umfrage unter Menschen an der Küste von Flensburg bis Usedom.

Unter der Fragestellung „Was bedeutet Ihnen die Ostsee?“ hatte das Thünen-Institut seit Anfang Mai 190.000 Postkarten an Haushalte an der Küste in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern verschickt. Die Postkarten wurden in den Zustellbezirken an der Küste mit der normalen Post als Postwurfsendung verteilt. Außerdem hat das Institut etwa 10.000 Flyer an Urlauber auf Campingplätzen verteilen lassen. 

Rund 3.000 Antworten erhalten

Die nicht repräsentative Umfrage lief von Anfang Mai bis Mitte September und ist am 15. September beendet worden. „Insgesamt haben wir etwa 3.000 Antworten bekommen. Ich bin begeistert von den zahlreichen Rückmeldungen“, sagt Harry Strehlow, der Projektleiter am Thünen-Institut für Ostseefischerei. Die meisten Antworten seien von Menschen gekommen, die schon lange an der Ostsee leben. 

Die detaillierte Auswertung der Daten werde noch eine Zeit lang dauern, doch schon jetzt habe man wichtige Erkenntnisse gewonnen. Demnach sind den Befragten vor allem nicht-materielle Dinge wichtig, wie Gesundheit, mentale Gesundheit, sich Zuhause fühlen und persönliche Identität, sagt Strehlow. „Es war uns vorher nicht klar, dass diese Faktoren eine so hohe Bedeutung haben. Das ist insofern besonders, weil wir diesen nicht-materiellen Dingen normalerweise wenig Bedeutung beimessen.“

Die Ostsee als „Waschmaschine für die Seele“

Man sei überwältigt davon, wie viel Spaß und Leidenschaft Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Umfrage gesteckt haben. Viele hätten angegeben, an die Ostsee zu kommen um zu spazieren oder zu wandern, die Natur zu beobachten oder sich auszuruhen und zu entspannen. Einer habe die Ostsee eine „Waschmaschine für die Seele“ genannt, wo man sich erden und Kraft tanken könne.

Die Lieblingsplätze, die die Teilnehmenden auf einer Landkarte setzen konnten, seien an der ganzen Ostseeküste verteilt. Besonders interessiert sei man daran, herauszufinden, ob und warum es vielleicht Ballungszentrum von besonderen Naturerfahrungen gibt. Das werde jetzt ausgewertet.

Natur- und Umweltschutz sei den Teilnehmenden generell sehr wichtig gewesen, erklärt Strehlow. „Die Menschen haben ein Interesse daran, dass die Umwelt geschützt wird“, sagt Strehlow. „Das gibt uns Rückenwind für die Forderung, mehr dafür zu tun, dass es der Ostsee wieder besser geht.“

Meer befindet sich im ökologischen Ausnahmezustand

„Die Natur ist mehr wert als das, was man durch Industrie oder Ressourcennutzung aus ihr herausholen kann“, sagt der Projektleiter. Die Ostsee befinde sich im ökologischen Ausnahmezustand. Sie sei in den letzten zehn Jahren immer wärmer geworden und leide unter zu hohen Nährstoffeinträgen.

Für das Thünen-Institut für Ostseefischerei sei die Forschungsfrage ungewöhnlich gewesen, weil die Mensch-Natur-Beziehungen im Mittelpunkt stehen und nicht wie sonst üblich die Interessen von Fischern und Anglern. „Schließlich sind wir immer noch ein Fischereiinstitut“, sagt Strehlow. „Aber Fischerei ist auch nur möglich, wenn die Ostsee als Ökosystem funktioniert, das wissen auch die Fischer und Angler.“

Bundesforschungsinstitut

Das Thünen-Institut ist das Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei und hat 15 Fachinstitute, darunter das Thünen-Institut für Ostseefischerei, das wissenschaftliche Forschung und Politikberatung zum Zustand des Meeres und zur Fischerei betreibt. Es ist auch an der Entwicklung standardisierter Bewertungsverfahren beteiligt, zum Beispiel im Rahmen der Nachhaltigkeitszertifizierung.

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