Brasilien schaltet wegen Trumps Zöllen die Welthandelsorganisation ein

Brasilien hat im Zollstreit mit US-Präsident Donald Trump die Welthandelsorganisation (WTO) eingeschaltet. Wie am Mittwoch aus Regierungskreisen in Brasília verlautete, leitete Präsident Luiz Inácio Lula da Silva offiziell den ersten Schritt für ein Schlichtungsverfahren der WTO ein. Die USA hatten in der Nacht zum Mittwoch Importzölle in Höhe von 50 Prozent eingeführt – das Fünffache des bisherigen Satzes von zehn Prozent.

Die Zölle gegen Brasilien zählen zu den höchsten Strafzöllen, die Trump bislang verhängt hat. Das südamerikanische Land exportiert große Mengen Kaffee, Rindfleisch und Zucker in die USA, die nun von den Zöllen betroffen sind. Eine Reihe von Waren sind von den Aufschlägen aber ausgenommen, darunter Orangensaft, Paranüsse und zivile Flugzeuge. In Brasilien sitzt mit Embraer der weltweit drittgrößte Flugzeugbauer, nach Boeing und Airbus.

Lula spricht von „Erpressung“, denn Trump will mit den Zöllen erreichen, dass der Oberste Gerichtshof Brasiliens ein Verfahren wegen eines Putsch-Versuchs gegen Lulas Amtsvorgänger, den früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, fallen lässt. Der US-Präsident hatte die Ermittlungen in der vergangenen Woche als „ungerechtfertigt“ bezeichnet.

Die US-Regierung verhängte in dieser Woche zudem Sanktionen gegen den zuständigen Richter am Obersten Gericht Brasiliens, Alexandre de Moraes. Dieser hatte Bolsonaro am Montag unter Hausarrest gestellt, nachdem der ehemalige Präsident ein Verbot der Nutzung von Onlineplattformen missachtet hatte. Moraes habe „sich selbst zum Richter und Geschworenen in einer rechtswidrigen Hexenjagd gemacht“, hieß es aus Washington.

Bolsonaro drohen in dem Verfahren bis zu 40 Jahre Haft. Der Trump-Freund selbst, der von 2019 bis 2023 Präsident war, sieht sich als Opfer einer politischen Verfolgung. Die Staatsanwaltschaft hält dem entgegen, Bolsonaros Putschversuch sei nur gescheitert, weil sich das Militär nicht auf seine Seite gestellt habe.

Die Zölle auf Einfuhren aus Brasilien sind offen politisch motiviert. Anders als etwa mit der EU haben die USA im Handel mit Brasilien kein Defizit, das Trump in vielen anderen Fällen zur Begründung seiner Zollpolitik heranzieht. Nach Angaben aus Brasília exportierten die USA im vergangenen Jahr Waren im Wert von 284 Millionen Dollar (rund 244 Millionen Euro) mehr nach Brasilien als umgekehrt.

Die US-Zölle würden nach Einschätzung des brasilianischen Vizepräsidenten Geraldo Alckmin insgesamt etwa 36 Prozent der Ausfuhren seines Landes in die USA treffen. Das entsprach im vergangenen Jahr einem Handelsvolumen von rund 14,5 Milliarden Dollar (rund 12,4 Milliarden Euro).

Brasilien ist nicht das erste Land, das im Zollstreit mit Trump vor die WTO zieht. Auch die EU, Kanada und China haben in den vergangenen Monaten bereits ein solches Verfahren eingeleitet. Der Streitbeilegungsmechanismus der Organisation ist allerdings seit Jahren blockiert, weil die USA die Neubesetzung offener Schlichterposten verweigern. Auch unter normalen Umständen würde sich ein WTO-Verfahren mindestens Monate hinziehen.

Trump hatte im Frühjahr einen Streit mit Handelspartnern weltweit losgetreten. An diesem Donnerstag treten erhöhte US-Importzölle gegen die EU, Indien und viele weitere Länder in Kraft. Ausgenommen sind sogenannte sektorspezifische Aufschläge. Auf Stahl und Aluminium gelten bereits jetzt US-Sonderzölle von 50 Prozent. Für Produkte wie Halbleiter oder Arzneimittel will Trump eigene Sätze festlegen.

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