Tiere: Der Biber ist zurück – und bringt Probleme mit

Während Naturschützer auf die Vorteile der Rückkehr des Bibers hinweisen, beklagen Landwirte enorme Schäden durch die Nager. Das will das Land nun tun.

Lange Zeit galt er in Hessen als ausgestorben, inzwischen breitet er sich weiter aus: Der Biber wurde in den 1980er-Jahren im Spessart erfolgreich wieder angesiedelt. Den Bestand schätzt das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) grob auf derzeit etwas mehr als 2.000 Tiere. Bei allen ökologischen Vorteilen, die der Biber mit sich bringt, kommen aber auch Konflikte auf. 

Nabu: Biber tragen zum Klimaschutz bei

„Biber sind außerordentlich nützliche Tiere, denn sie schaffen Lebensraum für viele andere Arten, verringern Überschwemmungen und verbessern die Wasserqualität“, sagt Sybille Winkelhaus vom Naturschutzbund (Nabu) in Hessen. 

Biberdämme stauten das Wasser auf und verlangsamten damit seine Fließgeschwindigkeit. „Dadurch verweilt das Wasser länger in der Landschaft, kann nach und nach versickern und hilft dabei, die Grundwasservorräte aufzufüllen“, erklärt die Referentin für Naturschutz. Damit leisteten die Tiere einen wertvollen Beitrag zum natürlichen Klimaschutz. 

Für die Artenvielfalt sei der Biber ein großer Gewinn, weil er eine große Vielfalt an Gewässertypen und Strukturen schaffe, die Insekten, Amphibien, Vögel und viele weitere Arten als Lebensraum am Gewässer nur selten vorfänden. „Der Biber renaturiert für uns als Landschaftsgestalter Gewässer kostenlos und unbürokratisch“, sagt Winkelhaus. „Auf diese Weise trägt er dazu bei, rechtliche Verpflichtungen wie die EU-Wasserrahmenrichtlinie weitaus schneller und besser zu erfüllen als dies behördliches Handeln und teure, ingenieurstechnische Maßnahmen der Kommunen und Unterhaltungs­verbände jemals könnten.“

Schäden in der Landwirtschaft

Hessens Landwirte hingegen beklagen die Probleme, die das größte europäische Nagetier – ausgewachsene Tiere können bis zu 35 Kilogramm wiegen – zunehmend bereite. Vor allem die Bautätigkeit des Bibers, insbesondere das Errichten von Dämmen, führe dazu, dass angrenzende landwirtschaftliche Flächen häufig überflutet würden, erklärt der Hessische Bauernverband. „Zum Teil sogar ganzjährig“, sagt Pressesprecherin Marie-Claire von Spee. Dadurch komme es zu erheblichen Einschränkungen bei der Nutzung dieser Flächen. 

„Die landwirtschaftlichen Betriebe erleiden Ertragsverluste, Qualitätseinbußen und in manchen Fällen komplette Ernteausfälle“, schildert sie. Ertragsschäden gebe es auch dadurch, dass der Biber Pflanzen frisst.

Landwirte: Biber trägt zu steigendem Flächendruck bei

„Auch langfristig gibt es auf Flächen Ertragsverluste, zum Beispiel verändert sich bei Grünland die Qualität durch Überschwemmung nachhaltig“, erklärt von Spee. Zudem würden die Zeitfenster für die Bearbeitung der Flächen durch die Vernässung stark verkürzt, was die landwirtschaftliche Arbeit erheblich erschwere oder sogar unmöglich mache. 

Ein weiteres Problem seien die Beeinträchtigung von Drainagesystemen sowie Schäden an Uferbefestigungen, die durch die Grabaktivitäten der Biber entstehen. 

Effektives Bibermanagement gefordert

Neben den direkten Ertragseinbußen entstünden auch indirekte Kosten, etwa durch notwendige Anpassungen in der Fruchtfolge, erhöhten Kontrollaufwand und Reparaturen an beschädigter Infrastruktur wie Wirtschaftswegen. 

Der Bauernverband fordert ein effektives Bibermanagement, das sowohl den Artenschutz als auch die Interessen der Landwirte berücksichtigt. Dazu zählen laut von Spee unter anderem die Erleichterung von Eingriffen in Biber-Dämme und in die Wasserstandregulierung sowie die gezielte Entnahme von Bibern bei ausbleibendem Erfolg anderer Maßnahmen. 

Auch fordern die Landwirte schnelle und einfache Entschädigungszahlungen durch die Landesregierung und eine regelmäßige und kritische Erfassung der Biberbestände. Zudem wollen sie die Aufnahme des Bibers ins Jagdrecht sowie die Herabsetzung des Schutzstatus des Bibers.

Naturschützer gegen Jagd

Gegen die Aufnahme des Bibers in die Liste der jagdbaren Wildtierarten spricht sich der Nabu vehement aus. „Der Biber hat in Deutschland einen hohen Schutzstatus“, erklärt Winkelhaus. Er sei sowohl nach dem Bundesnaturschutzgesetz als auch nach der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie besonders und streng geschützt. „Das bedeutet, dass es verboten ist, Bibern nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Lebensräume zu beschädigen.“ 

Der Nabu lehne die Tötung von Bibern ausdrücklich ab, auch nicht durch eine Allgemeine Ausnahmeverordnung nach bayerischem Vorbild. „Eine Einzelfall-Entnahme im konkreten Konfliktfall ist bereits heute mit einer Ausnahmegenehmigung möglich“, sagt Winkelhaus. „Es muss dabei aber der Grundsatz gelten, dass die Biber nicht getötet, sondern beispielsweise nach Westhessen umgesiedelt werden, wo bisher noch wenige Tiere leben.“

Das hessische Landwirtschafts- und Umweltministerium erklärt, eine Aufnahme des Bibers in das Jagdrecht sei „unter Berücksichtigung des derzeitigen europäischen und nationalen Schutzregimes aktuell nicht vorgesehen“. Die Landesregierung prüfe Möglichkeiten, im Rahmen des geltenden Naturschutzrechts die Rahmenbedingungen für einen Interessenausgleich zwischen Naturschutz und Landnutzung zu optimieren. 

Land will Bibermanagement ausbauen

Zur Höhe der Schäden durch Biber liegen dem Land laut dem Ministerium derzeit keine belastbaren Zahlen vor. Landwirte würden in zunehmendem Umfang über Schäden durch Staunässe sowie die Verschilfung von Grünlandflächen klagen. „Das Land begegnet dieser Entwicklung mit dem weiteren Ausbau des Bibermanagements.“

In Konfliktfällen erarbeite es über sein Bibermanagement zielgerichtet und auf den jeweiligen Einzelfall bezogen Lösungen mit allen Beteiligten. Zudem sei es auch möglich, dass über einen Flächentausch Lösungen im Sinne der Landwirte gefunden werden. „Im Einzelfall besteht in besonders konfliktträchtigen Fällen auch die Möglichkeit, Biber zu vergrämen.“

Das Ministerium kündigte an, das hessische Bibermanagement in naher Zukunft noch effektiver und umfassender gestalten zu wollen. „Nach Veröffentlichung der sich derzeit in Abstimmung befindlichen Biber-Billigkeitsrichtlinie wird es zukünftig auch möglich sein, landwirtschaftliche Schäden, die nachweislich durch die Bibertätigkeit entstanden sind, finanziell zu entschädigen.“

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