Die EU setzt nach den neuen Zoll-Drohungen von US-Präsident Donald Trump weiter auf Verhandlungen, schließt aber auch Gegenmaßnahmen nicht aus. Die EU sei weiterhin bereit, bis zum 1. August an einer „Vereinbarung“ zu arbeiten, erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Trump hatte im Handelskonflikt mit der EU am Samstag Zölle in Höhe von 30 Prozent ab August angekündigt. Auch dem Nachbarland Mexiko drohte er mit Zöllen von 30 Prozent.
Zur Begründung für die Zölle verwies Trump in einem auf seiner Onlineplattform Truth Social veröffentlichten Schreiben auf ein Ungleichgewicht in der Handelsbilanz mit der EU.
Der angekündigte Zollsatz von 30 Prozent für Einfuhren aus der EU ist erheblich höher als die 20 Prozent Zoll, mit denen der US-Präsident der Europäischen Union zunächst Anfang April gedroht hatte. Ende Mai hatte Trump dann einen Zollsatz in Höhe von 50 Prozent angekündigt, der schon zum 1. Juni in Kraft treten sollte. Später verschob er die Frist auf den 1. August, während die Verhandlungen mit EU-Vertretern andauern. Nun sollen es 30 Prozent werden.
„Zölle von 30 Prozent auf EU-Exporte zu verhängen, würde entscheidende transatlantische Lieferketten durcheinanderbringen, zum Nachteil von Unternehmen, Verbrauchern und Patienten auf beiden Seiten des Atlantiks“, erklärte von der Leyen. Die EU sei „bereit, weiter für eine Vereinbarung bis zum 1. August zu arbeiten“. Gleichzeitig werde sie „alle notwendigen Schritte ergreifen, um EU-Interessen zu schützen, einschließlich der Ergreifung angemessener Gegenmaßnahmen“.
Der Chef des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), forderte von der Leyen auf, robuster als bisher auf die Zolldrohungen aus den USA zu reagieren. „Trumps Brief ist eine Unverschämtheit“, sagte Lange dem „Spiegel“. „Die EU sollte jetzt unverzüglich die Gegenmaßnahmen in Kraft setzen, die sie bereits beschlossen hat“, forderte er.
Brüssel hat Gegenzölle auf US-Produkte im Wert von rund 21 Milliarden Euro vorbereitet, diese sind für die Zeit der Verhandlungen zunächst bis Montag ausgesetzt. Eine erste Liste umfasst US-Waren wie Jeans und Motorräder. Derzeit arbeiten die EU-Staaten an einer zweiten Liste mit US-Produkten im Wert von insgesamt bis zu 95 Milliarden Euro. Trump droht jedoch damit, im Falle von EU-Gegenmaßnahmen wiederum mit noch höheren Zöllen auf EU-Produkte zu reagieren.
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) äußerte derweil die Hoffnung auf ein „pragmatisches Verhandlungsergebnis“. Es gehe für die EU darum, „pragmatisch eine Lösung mit den USA zu verhandeln, die sich auf die wesentlichen großen Konfliktpunkte konzentriert“, erklärte sie. Für diesen Verhandlungsansatz habe die EU-Kommission die Unterstützung Deutschlands.
Der französische Präsident Emmanuel Macron äußerte seine „sehr starke Missbilligung“ über Trumps Drohung. Die EU-Kommission forderte er auf, „energisch die europäischen Interessen zu verteidigen“. Sie müsse nun mit allen Mitteln die Vorbereitung von „glaubhaften“ Gegenmaßnahmen beschleunigen für den Fall, dass es bis August nicht zu einer Einigung komme.
Auch die deutsche Industrie reagierte höchst besorgt: Die von Trump angekündigten Zölle seien „ein Alarmsignal für die Industrie auf beiden Seiten des Atlantiks“, erklärte Wolfgang Niedermark von der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Er forderte Bundesregierung, EU-Kommission und US-Regierung auf, „jetzt sehr zügig in einem sachlichen Dialog Lösungen zu finden und eine Eskalation zu vermeiden“.
Neben der EU drohte Trump auch dem Nachbarland Mexiko mit einem Zollsatz von 30 Prozent ab August. Zur Begründung verwies er in einem Schreiben auf den Drogenschmuggel in die USA. Ursprünglich hatte der US-Präsident Zölle in Höhe von 25 Prozent für Einfuhren aus Mexiko angekündigt.
Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum zeigte sich am Samstag zuversichtlich, doch noch zu einer Einigung zu kommen. Durch Verhandlungen werde ihr Land bis zum angekündigten Inkrafttreten der von Trump verfügten Zölle am 1. August „bessere Bedingungen“ erreichen, erklärte Sheinbaum.
Der US-Präsident hatte Anfang April einen Zollkonflikt mit Handelspartnern in aller Welt entfacht. Trump kündigte zunächst hohe Importaufschläge für die EU und zahlreiche Länder an, senkte diese dann aber auf einen Basissatz von zehn Prozent, um innerhalb einer 90-tägigen Frist Verhandlungen zu führen.
Diese Frist verlängerte er am vergangenen Montag bis zum 1. August. Seitdem verkündete der Republikaner bereits mehr als 20 Ländern in Briefen, welche Zollsätze für sie ab diesem Datum gelten sollen. Für Kanada kündigte er beispielsweise zuletzt einen Zollsatz von 35 Prozent an.
Auf Waren aus der EU wird in den USA derzeit grundsätzlich ein Zoll von zehn Prozent fällig. Für Autos aus der EU gilt bereits ein erhöhter Zollsatz von 25 Prozent. Für Stahl- und Aluminiumprodukte müssen Importeure Aufschläge von 50 Prozent zahlen, darunter auch auf den in Kühlschränken oder Waschmaschinen verbauten Stahl.