Polizei warnt: Falsche Handwerker zocken Senioren ab

Sie klingeln an der Haustür, machen vermeintlich günstige Angebote – und verschwinden mit Bargeld nach bestenfalls halbfertiger Arbeit.

Die Polizei in Hessen warnt vor betrügerischen Handwerkern. Derzeit sind vor allem falsche Dachdecker unterwegs, wie die Polizeipräsidien berichten. Sie klingen an Haustüren, machen kostenlose oder vermeintlich günstige Angebote – und zocken dann ihre Opfer ab. In manchen Fällen ist der Schaden danach größer als zuvor.

Betroffen sind auffällig oft ältere Menschen. „Da wird versucht, eine gewisse Gutgläubigkeit auszunutzen“, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Südhessen der Deutschen Presse-Agentur. Auch eine Handwerkskammer warnt vor Haustürgeschäften – und gibt Tipps, wie man sich schützt.

100.000 Euro für ein unfertiges Dach

Südlich von Kassel klingeln im Juni „Handwerker“ an der Haustür eines hochbetagten Ehepaars. Die „Firma“ bietet an, die Arbeiten am Dach des Einfamilienhauses fortzuführen, die die Senioren selbst begonnen hatten. „Das Ehepaar nahm das Angebot erleichtert an und vereinbarte mündlich einen Preis im niedrigen fünfstelligen Bereich“, berichtet die Kripo Kassel.

Einige Tage arbeiten die Männer tatsächlich auf dem Dach, doch dann fordert der mutmaßliche Chef der Firma immer höhere Beträge. Das Ehepaar übergibt nach und nach insgesamt knapp 100.000 Euro in bar. Nach einer Mittagspause kamen die Arbeiter nicht mehr wieder – das Dach ist nach wie vor nicht fertig. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts des Leistungsbetrugs.

Das Polizeipräsidium Nordhessen rät: „Grundsätzlich sind Verträge an der Haustür nicht verboten. Gesundes Misstrauen ist bei derartigen Angeboten angebracht. Zudem sollte man keine Barzahlungen im Voraus tätigen und sich nicht unter Druck setzen lassen. Seriöse Handwerker stellen ihre Arbeiten in Rechnung und lassen sich die Dienstleistung nach Beendigung per Überweisung bezahlen.“

Zu schlecht, zu teuer – oder gleich verschwunden

Falsche Handwerker sind keine Seltenheit. Allein das Polizeipräsidium Westhessen verzeichnete im ersten Halbjahr 2025 acht ähnlich gelagerte Fälle. Neben Arbeiten am Hausdach wurde beispielsweise auch angeboten, ein Garagendach neu zu decken oder die Dachrinnen zu säubern.

Haustürgeschäfte bergen häufig diverse Risiken“, warnt daher die Polizei in Wiesbaden: „Vermeintliche Schnäppchen locken potenzielle Kundinnen und Kunden, die jedoch im Nachgang feststellen müssen, dass die versprochene Arbeit nicht sachgemäß oder gar nicht geleistet wurde und wenn zu einem sehr viel höheren Preis als vereinbart.“ 

Auf keinen Fall sollte man vorab zahlen, wie es eine 83-Jährige in Mainz-Kostheim Anfang des Jahres getan hatte, nachdem sie an der Haustür eine Dachreparatur in Auftrag gegeben hatte. „Die Täter verschwanden, ohne eine Leistung erbracht zu haben“, bilanziert der Polizeibericht.

Festnahme in Frankfurt

In Frankfurt konnte im Mai eine dieser Gruppen festgenommen werden. Ein 70-Jähriger war gerade mit Arbeiten in seiner Hofeinfahrt in Schwanheim beschäftigt, als Männer in einem Auto anhielten und ihn auf seine kaputten Dachrinnen ansprachen. „Gegen einen vorher vereinbarten Festpreis boten diese dem Mann an, die Dachrinnen zu erneuern“, berichten die Polizisten. 

Der 70-Jährige stimmte zu. Nach erledigter Arbeit verlangten die Betrüger aber ein Vielfaches des vereinbarten Preises. Daraufhin machte der Mann alles richtig: Er zog eine Vertrauensperson und die Polizei hinzu. Die Ordnungshüter nahmen die Trickbetrüger fest.

Nur ein Vorwand

Eine andere Masche, die häufig funktioniert: Diebe geben sich als Handwerker aus, verschaffen sich so Zugang zur Wohnung und lassen Wertgegenstände mitgehen. In den Polizeiberichten finden sich massenweise solche Fälle. Zwei Beispiele aus Südhessen aus dem Juni:

In Darmstadt macht ein Paar an der Haustür einer Seniorin weiß, es gebe einen Wasserschaden und sie seien Angestellte einer Klempnerfirma. Im Haus lenkt einer der beiden das Opfer ab, der andere sucht nach Bargeld und steckte es ein. In Gustavsburg geben sich zwei Männer als Telekom-Mitarbeiter aus, die Leitungen abmessen müssen. Die betagte Bewohnerin lässt die beiden in die Wohnung, die Trickdiebe entwendeten Schmuck.

Das Polizeipräsidium Südhessen rät: „Lassen Sie keine fremden Personen in Ihre Wohnung. Lassen Sie Handwerker nur dann herein, wenn Sie sie selbst bestellt haben. Bitten Sie gegebenenfalls darum, vor der Wohnungstür zu warten, bis Sie sich mit einer Vertrauensperson beraten haben.“

Gärtner gebucht, Goldring verloren

In Künzell wurde ein älteres Ehepaar gleich doppelt geschädigt. „Durch ein Zeitungsinserat wurde das Paar auf die Handwerker aufmerksam und vereinbarte diverse Leistungen zur Instandsetzung des Gartens“, berichtet das Polizeipräsidium Osthessen. 

Das Paar zahlte vorab einen mittleren vierstelligen Betrag, der Mann fing tatsächlich zu arbeiten an, brach seine Tätigkeit dann jedoch unvollendet ab. Der nette Helfer hatte zuvor noch angeboten, einen Goldring zu reparieren – und machte sich damit aus dem Staub.

Handwerkskammer: So schützen Sie sich

Laut Handwerkskammer Rhein-Main sind Haustürgeschäfte zwar nicht illegal – Hauptgeschäftsführer Christof Riess würde dennoch entschieden davon abraten: „In unserer Kammer sind 33.000 Handwerksbetriebe, von denen fährt keiner durch die Straßen und klingelt an Türen.“

Wer einen Handwerker sucht, sollte erstens im Idealfall mehrere Angebote einholen, zweitens einen Kostenvoranschlag verlangen und drittens niemals vorab und bar bezahlen. „Seriöse Betriebe schreiben eine Rechnung.“ Wer für kleinere Arbeiten trotzdem ein Haustürgeschäft in Betracht zieht, sollte sich die Handwerks- oder Reisegewerbekarte zeigen lassen.

Leichtes Spiel wegen Fachkräftemangel?

Kann es sein, dass betrügerische Handwerker es heute leichter haben, Kunden zu finden? Viele Kunden machen die Erfahrung, dass man nur schwer eine Firma findet oder sehr lange warten muss. Riess glaubt das nicht: „Dieses Phänomen gibt es schon seit Jahrzehnten.“ Seiner Erfahrung nach treten die Fälle in Wellen auf, „weil die Trupps von Region zu Region ziehen“.

Dafür sprechen auch Daten der Polizei. So waren etwa im Mai im Rheingau-Taunus-Kreis falsche Handwerker unterwegs, die verschiedenen Menschen eine kostenlose Dachrinnen-Reinigung anboten. „Bei kostenfreien Dienstleistungen könnte die Absicht hinter den Arbeiten auch das Ausbaldowern des Grundstücks sein“, warnt das Polizeipräsidium Westhessen.

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