Wärmewende: Geothermieprojekt in Hamburg-Wilhelmsburg verzögert sich

Die Idee klingt einfach: Heißes Wasser wird aus der Tiefe der Erde gepumpt und zum Beheizen von Tausenden Hamburger Wohnungen genutzt. Die Realisierung des Projekts ist aber komplizierter als gedacht.

Die Inbetriebnahme eines Erdwärmeprojekts in Hamburg-Wilhelmsburg verzögert sich. „Die kommerzielle Wärmelieferung soll im Verlauf des Jahres 2026 starten“, teilten die Hamburger Energiewerke mit. 

Vor knapp zwei Jahren hatte es geheißen, vom Frühjahr 2025 an könnten rechnerisch bis zu 6.000 Haushalte mit Erdwärme versorgt werden. Bei Beginn der ersten Bohrung im Februar 2021 hatte das städtische Unternehmen noch eine Fertigstellung für 2023/24 ins Auge gefasst. 

Pläne um zweite Anlage erweitert

Grund für die neue Verzögerung sei eine Änderung der Pläne, sagte eine Sprecherin der Energiewerke. Jetzt wolle man sich die Option auf eine zweite Geothermiebohrung am Standort Wilhelmsburg offenhalten. Darum sei der Genehmigungsantrag zum Bau der Anlage überarbeitet worden. 

„Wir sehen eine gute Chance, dass es aufgrund des steigenden Bedarfs nach ökologischer Wärme eine ausreichende Nachfrage ab 2030 geben könnte“, sagte Unternehmenssprecherin Bettina Schwarz. Zurzeit werde der ehemalige Bohrplatz im Hafengebiet Wilhelmsburg für die Fundamentarbeiten des Heizhauses vorbereitet.

Bislang 157 Gebäude an Wilhelmsburger Wärmenetzen

Die Energiewerke versorgen nach eigenen Angaben mit zwei dezentralen Netzen, zu denen auch Anlagen in einem umgebauten ehemaligen Flugabwehrbunker gehören, insgesamt 157 Gebäude, darunter Wohnhäuser, Büros und öffentliche Einrichtungen. Rechnerisch entspreche das gut 3.700 Wohneinheiten, hieß es. Hamburgweit beheizen die Energiewerke 538.000 Wohneinheiten mit Fernwärme.

Keine Angaben zu Projektkosten

Bei dem Vorhaben in Wilhelmsburg handele es sich um ein Forschungsprojekt im Rahmen des „Reallabors Integrierte Wärmewende Wilhelmsburg“, sagte Schwarz. Dieses größere Projekt soll den Stadtteil durch CO2-freie Energie klimafreundlicher machen und wird vom Bundeswirtschaftsministerium mit 22,5 Millionen Euro gefördert. Zu den Kosten des Geothermie-Projekts konnte die Sprecherin keine Angaben machen. 

Erst kürzlich hatten die Energiewerke ihre Preise deutlich angehoben. Neukunden müssen seit 1. Mai fast ein Drittel mehr für Fernwärme und Heißwasser bezahlen. Die Erhöhungen für Bestandskunden folgen schrittweise vom 1. Juli 2026 an. Als Grund für die Erhöhung nannte Vertriebsgeschäftsführer Michael Prinz im April die Investitionen in die Wärmewende.

Wärmepumpen sollen Thermalwasser erhitzen

Das Geothermie-Projekt war 2021 nach zehnjähriger Planungszeit gestartet worden. Ursprünglich sollte aus mehr als 3.000 Metern Tiefe 130 Grad heißes Wasser an die Oberfläche geholt werden. Doch die erste Bohrung ergab, dass dort kein ausreichendes Thermalwasservorkommen zur geothermischen Nutzung vorhanden ist. Jetzt ist geplant, 48 Grad warmes Wasser aus rund 1.000 Metern Tiefe zu pumpen. Dann sollen Wärmepumpen die Temperatur auf etwa 80 Grad erhöhen. 

Stromverbrauch unklar

Die Anlage aus zwei vierstufigen Wärmepumpen werde zwar mit Strom betrieben, sei aber hocheffizient. Im Labor-Testbetrieb habe die Wärmepumpe das 4,5-fache des Stromverbrauchs als Wärmeenergie erzeugt, sagte Schwarz. Wie viel Strom tatsächlich benötigt wird, ist unklar. Der Jahresverbrauch hänge von unterschiedlichen Faktoren wie beispielsweise der Umgebungstemperatur und der Betriebsweise des Systems ab, hieß es. Das heiße Wasser soll im „Energiebunker“ zwischengespeichert werden.

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