Umfrage: Betriebsräte gegen Aufhebung der Regelarbeitszeit

Die Pläne der Bundesregierung zu Arbeitszeiten fallen bei Betriebsräten norddeutscher Unternehmen durch. Flexible Arbeitszeiten seien längst gelebte Praxis, heißt es in einer Umfrage der IG Metall.

Betriebsräte hunderter norddeutscher Industrie- und Handwerksbetriebe haben an den Plänen der schwarz-roten Koalition zur Ausweitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit kein gutes Haar gelassen. So bescheinigt eine Umfrage der IG Metall Bezirk Küste unter 418 Betriebsratsvorsitzenden der Bundesregierung, an der Realität vorbei zu reden. Flexible Arbeitszeiten seien längst gelebte Praxis, heißt es in der Befragung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die vom 12. bis 18. Juni befragten Arbeitnehmervertreter repräsentieren den Angaben zufolge rund 200.000 Beschäftigte. 

Die Bundesregierung aus Union und SPD will laut ihrem Koalitionsvertrag Maßnahmen zur Flexibilisierung und Ausschöpfung der Arbeitszeit umsetzen, etwa steuerliche Entlastungen von Überstundenzuschlägen und Anreize zur Ausweitung von Teilzeit. So will sie die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit schaffen. Standards im Arbeitsschutz und die geltenden Ruhezeitregelungen sollen beibehalten werden.

89 Prozent gegen Aufhebung der Acht-Stunden-Regelarbeitszeit

Der Umfrage zufolge lehnen 89 Prozent der befragten Betriebsräte eine Aufhebung des Acht-Stundentags als Regelarbeitszeit kategorisch ab oder halten es für nicht notwendig. Das Streichen eines Feiertags kommt für 98 Prozent der Befragten nicht infrage. 96 Prozent wiederum sprechen sich gegen die Einführung von Karenztagen aus, bei denen erste Krankheitstage nicht bezahlt würden.

Flexible Arbeitszeiten seien bereits in drei Viertel der Betriebe gelebte Praxis. Lediglich 7 Prozent der Betriebsräte antworteten auf die Frage, ob flexible Arbeitszeiten in ihrem Betrieb selbstverständlich seien mit „trifft nicht zu“, 17 Prozent meinten „trifft weniger zu“. Fast 80 Prozent der Betriebsräte sehen flexible Arbeitszeiten zudem für vorteilhaft für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

In 61 Prozent der Betriebe wird bereits bis zehn Stunden gearbeitet

Bei 61 Prozent der Betriebe werde bereits regelmäßig oder auch unregelmäßig bis zu zehn Stunden am Tag gearbeitet, wobei 30 Prozent der Mehrarbeit eher durch die Arbeitgeber und 22 Prozent eher durch die Beschäftigten selbst veranlasst worden seien. Bereits jetzt nutzten zwei Drittel der Betriebe Arbeitszeitkonten für nahezu alle und 19 Prozent für viele Beschäftigten. Lediglich fünf Prozent nutzten Arbeitszeitkonten fast gar nicht.

Für den Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich, lenkt die Bundesregierung mit ihren Plänen von den eigentlichen Problemen ab. „Es sind Nebelkerzen, geworfen von denen, die wesentliche Verantwortung tragen für den wirtschaftlichen Stillstand in diesem Land.“ Die Menschen in Deutschland arbeiteten viel. Das Arbeitsvolumen sei auf einem Höchststand. „Dass die durchschnittliche Arbeitszeit pro Kopf niedriger ist als in anderen Ländern, liegt an der hohen Teilzeitquote – insbesondere bei Frauen.“

Friedrich: Deutschland muss produktiver werden

Deutschland müsse produktiver werden, sagte Friedrich. „Aber nicht, indem wir Arbeitsschutz und Arbeitnehmerrechte schleifen, sondern indem wir investieren: in Innovation, Digitalisierung, Infrastruktur.“ Nötig sei auch eine Industriepolitik, die Wertschöpfung in Europa und Deutschland halte – statt sie durch Untätigkeit zu verspielen.

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