Lisa Walser im Interview: Influencer sein „ist ein Geschäft, in dem hart verhandelt wird“

Lisa Walser und ihr Mann Henry schaffen es, ihre Familie vom Einkommen als Influencer zu ernähren. Ihr Thema? Ihr Privatleben. Sie teilen es mit vier Millionen Followern.

Lisa Walser gibt mit ihrem Mann Henry auf mehreren Kanälen Einblicke in ihren Alltag als Eltern – allein auf Instagram folgen ihr 1,4 Millionen Menschen. Nun hat sie ein Album mit Kinderliedern aufgenommen. Ein Gespräch über den Stargehalt von Influencern, Herausforderungen der Popularität und Ratschläge an Mütter.

Frau Walser, ist der Vorteil von Kinderliedern, dass sie alle kurzfristigen Hypes überdauern?
Genau. Kinderlieder, die mir mein Vater damals vorgespielt hat, höre ich zum Teil heute noch mit meinen Kindern. Das hat etwas Beständiges. Und Tiefe. Wenn ich Musik mache, dann möchte ich auch bestimmte Werte vermitteln. Ich wünsche mir zum Beispiel, dass Kinder mutig sind. Ich möchte ihnen mit meinen Songs sagen, dass sie alles schaffen können, dass sie sich von niemandem sagen lassen müssen, sie könnten etwas nicht.

Haben Sie diese Botschaft auch vermittelt bekommen? 
Nicht immer. Als Kind und Jugendliche hatte ich häufiger Momente, in denen ich mich verloren gefühlt habe. Ich glaube, solche Mutmachlieder hätten mir Halt und Kraft geben können. 

Was braucht ein kindgerechter Songtext?
Eine gute Balance. Ich finde es wichtig, dass er eine Message hat, gleichzeitig darf der Text aber auch nicht überfordernd sein. Am besten, man ist inhaltlich konkret im Alltag. Durch einen Song über Brokkoli oder Zähneputzen können Kinder mehr lernen als über sehr theoretische Lyrics. 

Welche Lieder haben Ihre eigene Kindheit und Jugend geprägt?
In meiner Jugend habe ich Tokio Hotel gehört, auch LaFee. Ich habe aber auch schon immer ältere Musik gehört, beispielsweise AC/DC, die mein Vater geliebt hat, oder Abba. Meine Tochter liebt Abba auch. 

Sie teilen Ihren Familienalltag auf Social Media recht offen mit Ihrer Community. Wie haben Sie diese Entscheidung getroffen?
Mein Mann und ich entscheiden alles nach Bauchgefühl. Wir haben kein Regelbuch aufgestellt, was wir posten und was nicht. Wenn wir etwas aufgenommen haben und uns im Nachhinein doch nicht wohlfühlen damit, oder etwas preisgeben würden, das uns doch zu privat ist, dann posten wir es eben nicht.

Wie schaffen Sie es als Mutter, die Balance zwischen Kindern und Karriere zu halten?
Man muss lernen, sich selbst Grenzen zu setzen – beispielsweise, dass man sagt, heute bleibe ich mal einen ganzen Tag offline. Wir machen alles selbst, von den Verhandlungen mit Unternehmen über das Erstellen der Videos bis hin zur Buchhaltung. Und natürlich schauen wir uns auch Inhalte von anderen an, das nimmt zusätzlich Raum ein. Man muss sich einfach gut beherrschen können. Da wir keinen Job haben, bei dem wir morgens ins Büro gehen und anschließend wieder nach Hause kommen, haben wir feste Zeiten, in denen wir Handy und Laptop komplett weglegen. Das ist uns für unsere Kinder sehr wichtig.

Es heißt, dass Sie in München und Umgebung teilweise nicht so einfach rausgehen können, weil Sie sehr häufig nach Fotos gefragt werden.
Das ist auf jeden Fall kein Grund, nicht rauszugehen. Wir lieben es, die Menschen zu treffen, die unsere Inhalte anschauen. Es ist schön, dass wir auch mal Gesichter vor Augen haben und nicht nur Klickzahlen sehen. Bislang haben wir auch noch nie nein gesagt, wenn jemand nach einem Foto gefragt hat. Natürlich würden wir das in gewissen Situationen, zum Beispiel, wenn wir mit unseren Kindern essen, ungern machen. Aber ich denke, wenn ein Mensch, der uns jeden Tag anschaut, seinen Mut zusammennimmt und sich freut, uns zu sehen und wir reagieren dann total doof – dann ist vielleicht sein ganzer Tag gelaufen. Das möchte ich einfach nicht. 

Kevin Tewe, der einige bekannte Influencer in Deutschland wie Rezo oder Diana zur Löwen managt, hat kürzlich in einem Interview mit der „FAZ“ gesagt: „Influencer sind demokratisch gewählte Stars.“ 
Das ist eine interessante Aussage. Generell ist es natürlich so, dass du dich nicht einfach dazu entscheiden kannst, ab morgen Influencer zu sein. Wenn keiner das cool findet, was du machst, und dich anschaut, dann kannst du es noch so sehr wollen, dann funktioniert es nicht, Influencer zu sein. Grundsätzlich glaube ich aber schon, dass man mit Mühe und Fleiß, genauso wie in anderen Berufen, sehr viel erreichen kann. Wichtig ist, dass man einen Mehrwert für andere Menschen schafft. 

Woran bemisst sich die Höhe der Gagen?
Das wird ganz transparent anhand deiner Performance festgelegt. Da gibt es viele verschiedene Faktoren, je nachdem, wie viele Menschen dir zuschauen oder wie relevant du bist. Es ist auf jeden Fall ein Geschäft, in dem hart verhandelt wird. 

Glauben Sie, dass Menschen Eltern besonders vertrauen?
Ich glaube nicht, dass es damit zusammenhängt, ob man Mama ist oder nicht. Ich glaube, es kommt einfach darauf an, wie du dich in deinem Alltag gibst. Es ist auch wichtig, Momente zu teilen, die vielleicht mal nicht so schön sind. Häufig bekomme ich das Feedback, dass selbst Leute, die nicht in der Öffentlichkeit stehen, Angst haben, negative Situationen mit anderen zu teilen, obwohl das etwas ganz Normales ist. 

Welche unschöne Angelegenheit haben Sie zuletzt mit Ihrer Community geteilt?
Letztes Jahr sind meine Großeltern gestorben, die mir mein ganzes Leben lang extrem nahestanden. Vor ein paar Jahren hätte ich das sicherlich noch mit mir selbst ausgemacht, weil ich es unangenehm gefunden hätte, mit der Öffentlichkeit zu teilen, wenn ich weine. Ich habe mich aber dazu entschieden, auf Social Media offen damit umzugehen. Das war die beste Entscheidung überhaupt, weil mir viele Menschen geschrieben haben, dass sie selbst auch gerade trauern und ihnen hilft, dass sie nicht allein sind. Natürlich gab es auch ein paar blöde Kommentare, aber wenn es nur eine Person weiterbringt, dann hat es sich schon mehr als gelohnt.

Wie gehen Sie mit negativen Kommentaren um?
Zu Beginn war das für mich schwierig, weil ich schlecht mit Ungerechtigkeit umgehen kann – also, wenn jemand etwas behauptet, von dem ich weiß, dass das nicht stimmt. Kommentare zu meinem Äußeren beispielsweise tangieren mich nicht sonderlich. Aber bei Unwahrheiten habe ich immer das Bedürfnis, mich dazu zu äußern. Meist mache ich es aber dann doch nicht, weil ich diesen Leuten keine Plattform geben möchte.

Was glauben Sie, wie sich Ihre Rolle als Creator in den kommenden Jahren verändern wird?
Grundsätzlich sollte man immer das machen, was einen erfüllt. Ich habe jetzt Musik gemacht. Ich habe auch schon mal ein Schwangerschaftstagebuch veröffentlicht. Das war eine Sache, die mich in dieser Phase meines Lebens stark begleitet hat. Es ist wie ein Unterhaltungsprogramm, wie eine Serie: Da muss man sich auch immer wieder neue Wendungen überlegen. Die müssen nicht zwangsläufig besser sein als der erste Teil, aber sie müssen halt zusammenpassen.

Haben Sie einen goldenen Ratschlag an Mütter?
Vielleicht ist das nicht unbedingt ein Ratschlag, aber ein Learning von mir generell ist: Du bist immer die beste Mama für dein Kind. Jedes Kind ist super individuell, und du kennst es am besten. Man sollte einfach auf sein Mamaherz hören – und nicht auf andere.

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