Staatsoberhaupt: Prognose: Kopf-an-Kopf-Rennen bei Präsidentenwahl in Polen

Wer wird Polens neuer Präsident? Nach ersten Prognosen wird die Stichwahl zwischen dem Proeuropäer Trzaskowski und dem Rechtskonservativen Nawrocki zum Wahlkrimi.

Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen zeichnet sich nach ersten Prognosen ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Auf den liberalen Kandidaten Rafal Trzaskowski entfielen demnach 50,3 Prozent der Stimmen, sein rechtskonservativer Rivale Karol Nawrocki bekam 49,7 Prozent. 

Beide Politiker zeigten sich vor ihren Anhängern siegessicher. Trzaskowski sprach direkt nach der Bekanntgabe der ersten Prognosen von einem Erfolg. „Wir haben gewonnen, auch wenn ich glaube, dass der Ausdruck „auf der Rasierklinge“ in die polnische Sprache Einzug halten wird“, sagte der 53-Jährige unter dem Jubel seiner Anhänger. Bei der Wahlparty von Nawrocki war die Stimmung deutlich gedämpfter. Er appellierte an seine Anhänger, die Hoffnung nicht zu verlieren. „Wir müssen in dieser Nacht gewinnen und wir wissen, dass dies geschehen wird.“

Die Prognosen beruhen auf Nachwahlbefragungen in rund 500 Wahllokalen. Nach Angaben des Meinungsforschungsinstituts Ipsos haben sie eine Fehlertoleranz von zwei Prozentpunkten. Hochrechnungen wie in Deutschland gibt es in Polen nicht. Das offizielle Endergebnis wird am Montagvormittag erwartet.

Die rund 29 Millionen Wahlberechtigten waren aufgerufen, einen Nachfolger für Präsident Andrzej Duda zu wählen. Dieser durfte nach zwei Amtsperioden nicht noch einmal antreten. 

Richtungswahl in Polen

Die Abstimmung gilt als Richtungswahl für das EU- und Nato-Land Polen. Der parteilose Nawrocki ist der Kandidat der rechtskonservativen PiS, Polens größter Oppositionspartei. Die PiS regierte das Land von 2015 bis 2023. Sie legte die Justiz an die Kandare der Politik und lag wegen dieses Eingriffs in die Gewaltenteilung im Dauerclinch mit Brüssel.

Das seit Dezember 2023 regierende Mitte-Links-Bündnis von Donald Tusk hat versucht, mit Reformprojekten vieles davon zurückzudrehen. Doch der bisherige Präsident Duda, der aus den Reihen der PiS stammt, hatte diese mit seinem Veto gebremst. Tusk hat im Parlament nicht die nötige Mehrheit von 60 Prozent, um Vetos des Präsidenten aufzuheben.

Der polnische Regierungschef hofft deshalb auf einen Wahlsieg seines politischen Mitstreiters Trzaskowski. Der 53-jährige Warschauer Oberbürgermeister gilt innerhalb seines politischen Lagers als progressiv und links. Als Staatsoberhaupt würde er Tusks Kurs stützen.

Präsident mit viel Macht

In Polen amtiert der Präsident fünf Jahre. Das Staatsoberhaupt hat mehr Befugnisse als der Bundespräsident in Deutschland. Er repräsentiert das Land nicht nur nach außen. Der Präsident hat auch Einfluss auf die Außenpolitik, er ernennt den Regierungschef sowie das Kabinett und ist im Kriegsfall Oberkommandierender der polnischen Streitkräfte. Vor allem aber kann er der Regierung mit seinem Vetorecht das Leben schwer machen.

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