Gleich zweimal sorgen Werbespots von deutschen Brauereien für Empörung. Erdinger Weißbier wird wegen eines Clips Sexismus vorgeworfen, eine Siegener Brauerei trifft es noch härter.
Haben da ein paar Marketing-Beauftragte zu tief ins Glas geschaut? Werbung von gleich zwei deutschen Brauereien sorgt dieser Tage für Kopfschütteln bei vielen Zuschauern. Fast zeitgleich haben die Erdinger Brauerei aus Bayern und die Irle Brauerei aus Siegen auf ihren jeweiligen Instagram-Profilen Werbevideos veröffentlicht, die binnen weniger Stunden für einen Shitstorm sorgten. Was war passiert?
Nutzer verstehen Werbeclip von Erdinger als „Verherrlichung von Femiziden“
Ein Video zur Anwerbung von Personal hat dem Erdinger Weißbräu Vorwürfe wegen Sexismus und Verherrlichung von Gewalt gegen Frauen beschert. In dem inzwischen gelöschten Beitrag schwärmt eine junge Frau von ihrem tollen Job. Rings um ihren Kopf halten Hände einen Hammer, eine Bierflasche und einen Zapfhahn – und an ihre Kehle einen Flaschenöffner. Als die Frau das Bier zu wenig lobt, wird klar: Noch ein falsches Wort, und es wird zugeschlagen, wie der Bayerische Rundfunk (BR) berichtet.
Unter anderem der Instagram-Account „Safe Space Chemnitz“ kritisierte die Kampagne, weil sie sich über Gewalt gegen Frauen lustig mache. „Ernsthaft? Die Verherrlichung von Femiziden und Gewalt an Frauen wird jetzt auf eine humoristische Bühne gehoben von euch, ganz exklusiv“, stellt eine Sprecherin der Initiative fest. „Wie viel Promille waren eigentlich im Spiel, als ihr das Drehbuch für euren Spot geschrieben habt? Alkoholfrei war es bestimmt nicht.“
Selbsthilfeverband Kleinwüchsiger Menschen kritisiert Irle Brauerei aus Siegen
Auch die deutlich kleinere Irle Brauerei aus Siegen präsentierte einen Werbeclip, der das war, wofür ihr Bier sicherlich nicht stehen soll: geschmacklos. In dem kurzen Clip sieht man einen kleinwüchsigen Menschen bei einer Übung im Fitnessstudio, in der er mit schweren Seilen trainiert. Nach einem harten Schnitt kündigt der Inhaber der Brauerei eine Veranstaltung an, während seine Schnürsenkel bewegt werden. Am Ende des Videos ruft er „hör auf mit der Scheiße“ und zieht seinen Fuß weg, während das Bild wieder auf den Kleinwüchsigen bei der Übung zeigt, wie er zu Boden fällt. Als Erstes hatte die „Siegener Zeitung“ (SZ) darüber berichtet.
Das Video sorgte beim Bundesselbsthilfeverband Kleinwüchsiger Menschen für Kopfschütteln. Auf Anfrage der SZ kommentierte der Verband: „Wir finden die Darstellung des kleinwüchsigen Darstellers völlig unangemessen. Es ist tatsächlich ein entwürdigendes Bild und ein Rückfall in Jahrhunderte zuvor, als der Voyeurismus auf Jahrmärkten befriedigt wurde.“
Wie reagieren die Brauereien auf die Kritik?
Beide Unternehmen löschten die Werbeclips auf ihren Social-Media-Accounts. Die Erdinger Brauerei gelobte Besserung. Man werde bei zukünftigen Videos noch kritischer darauf achten, ob sie einen bestimmten Personenkreis verletzen könnten.
Die Reaktionen auf das Video waren nach Angaben des Sprechers gemischt und teilweise auch positiv. Insgesamt sei es aber anders ausgefallen als erhofft und erwartet. Das Unternehmen wolle sich von jeglicher Gewalt distanzieren. Das Video sei unter Mitwirkung verschiedener Abteilungen entstanden. Die einhellige Meinung sei gewesen: „Das kann man so veröffentlichen.“
Die Irle Brauerei kam der Bitte um ein Statement gegenüber der „Siegener Zeitung“ nicht nach und postete stattdessen kurze Zeit später ein weiteres Video auf Instagram, in dem sich der Inhaber für den Clip rechtfertigte und betonte, dass die Brauerei nicht die Absicht gehabt hätte, jemanden zu verletzten. Allerdings bedankte er sich auch für die Unterstützung jener Personen, die das Video als Witz verstanden hätten, und „wissen, wie wir sind“. Nachdem einige Nutzer weiterhin Kritik unter dem Statement zum Ausdruck gebracht hatten, löschte das Unternehmen auch dieses Video.