Datenschutz: Schutz vor Ex-Partnern und Kameras in Wartezimmern

Ein Polizist will die Adresse seiner Ex-Partnerin herausfinden. In einer Arztpraxis filmt eine versteckte Kamera die Patienten. Bislang werden solche Fälle in Hessen bearbeitet – ändert sich das nun?

Eine versteckte Videokamera und Patientendaten in Chats: Der hessische Datenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel hat 2024 mehr schriftliche Anliegen bearbeitet als im Vorjahr. 7.892 waren es 2024, zehn Prozent mehr als 2023, wie Roßnagel in Wiesbaden bei der Vorlage seines Jahresberichts mitteilte. 

Dazu zählten Beschwerden, Nachfragen und Beratungen von Betroffenen oder bei Gesetzgebungsverfahren. Verantwortliche meldeten sich für eine solche Beratung ebenfalls. 1.171 Mal baten sie schriftlich um Unterstützung, telefonisch sogar noch häufiger. Bei Erstverstößen bot Roßnagels Behörde weitere zusätzliche Beratungen an, da die meisten von ihnen nicht mit Absicht erfolgt seien. 

Datenschutz im Gesundheitswesen

Als Beispiel für Datenschutzverstöße des vergangenen Jahres nannte Roßnagel einen Polizisten, der die neue Adresse der Ex-Partnerin in einer polizeilichen Datenbank abgerufen habe. Eine Arztpraxis hatte als Reaktion auf negative Online-Rezensionen Klarnamen veröffentlicht. Auch Diagnosen und Befunde wurden ins Internet gestellt. In anderen Praxen wurde nach den Angaben der Patienten heimlich mit einer in einer Wanduhr versteckten Videokamera gefilmt oder Patientenakten auf Whatsapp ausgetauscht. 

Datenschutz im Gesundheitsbereich ist laut dem Juraprofessor besonders wichtig, da gerade die Gesundheitsdaten „besonders schützenswert“ seien. Ein Verstoß sei daher vergleichsweise schwerwiegender und man schaue genauer hin. „Ich habe den Eindruck, dass in diesem Bereich auch weniger Wissen über Datenschutz vorliegt“, erklärte Roßnagel.

Verwarnungen, Anweisungen und Geldstrafen

Laut dem Datenschutzbeauftragten hatte es vergangenes Jahr 55 Verwarnungen, 13 Anweisungen und 47 Geldstrafen in einer Gesamthöhe von über einer halben Million Euro wegen Verstößen gegeben. Roßnagel erklärte, man gehe jeder Beschwerde nach. Die meisten Verstöße fänden aus Unkenntnis statt. „Wenn wir aufzeigen, wie eine datenschutzgerechte Datenverarbeitung möglich ist, wird dies überwiegend unmittelbar umgesetzt“, ergänzte der Juraprofessor.

Ob dies auch künftig so sein wird, steht jedoch derzeit auf der Kippe. Laut dem Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung planen Union und SPD die Datenschutzaufsicht zu reformieren und sie bei der Bundesdatenschutzbeauftragten zu bündeln. Roßnagel kritisierte dies. Betroffene hätten in diesem Fall Nachteile, die Anlaufstellen wären schwerer zu erreichen – sie lägen statt in Wiesbaden dann etwa in Köln.

Außerdem habe allein in Hessen vergangenes Jahr mit über 1.100 Beratungen fast 1.000 mehr stattgefunden als in der Bundesbehörde, wo es nur etwa 150 gewesen seien. Weiter sagte Roßnagel, es müssten beim Bund 400 bis 500 zusätzliche Stellen geschaffen werden, damit dieser die bisherige Arbeit der Landesdatenschutzbeauftragten übernehmen könnte. Derzeit gebe es rund 400 Stellen, aber nur circa 300 Beschäftigte bei der Bundesdatenschutzbeauftragten.

Roßnagel hat einen anderen Vorschlag

Dies wäre Roßnagel zufolge kein Schritt in Richtung Entbürokratisierung. Der bessere Weg wäre es, wenn die Bundesdatenschutzbeauftragte stattdessen eine Koordinationsaufgabe übernähme. Denn wenn die gesamte Wirtschaft sich an sie wenden würde, wären das nach Schätzungen des Juraprofessors 70.000 Beschwerden jährlich, die derzeit auf die 16 Bundesländer aufgeteilt seien.

Datenschutzanliegen seien hochindividuell und daher sehr aufwendig zu bearbeiten. Schon jetzt gebe es in allen Bundesländern darum eine hohe Überlast an Beschwerden.

Vielleicht gefällt Ihnen auch